Wie funktionieren eigentlich Kurven mit dem Einrad?

Auf den ersten Blick ist die Antwort auf diese Frage sehr einfach. Wenn ich nach links fahren will, lenke ich halt nach links und wenn ich nach rechts fahren will lenke ich nach rechts. Aber halt! Wie lenke ich denn mit einem Einrad? Diese Frage wurde in einer Diskussion im deutschen Einradforum gestellt. Es stellte sich heraus, daß sich darüber bislang nur wenige Leute Gedanken gemacht hatten, obwohl Kurven fahren etwas ist, was fast jeder Einradfahrer kann und ständig tut.

Mögliche Erklärungen finden sich in einer aufgezeichneten Lecture über Mechanik am MIT, in der unter anderem am Beispiel des Einrads verschiedene Phänomene der Newtonschen Mechanik erklärt werden. Die Frage, wie man auf dem Einrad Kurven einleitet, wird mit Gegensteuern wie beim Fahrrad beantwortet. Wenn ein Fahrradfahrer eine Rechtskurve fahren will, dreht er das Vorderrad mit Hilfe des Lenkers leicht nach links, leitet so eine Linkskurve ein, wird durch die Zentrifugalkraft nach rechts geneigt, richtet dann den Lenker wieder gerade bzw. schlägt ihn leicht nach rechts ein und befindet sich nun in einer Rechtskurve mit passender Neigung, so daß die Summe der auftretenden Kräfte FR entlang seiner Körperlängsachse wirken.

Diese Kräfte sind

In der folgenden Abbildung (Quelle: Wikimedia Commons) sind diese Kräfte dargestellt:

Die Fahrspur sieht dann also etwa folgendermaßen aus:

Das Grundproblem besteht also darin, sich nach innen zu neigen um dann in Schräglage die Kurve durchfahren zu können. Da ein Einrad nur einen Auflagepunkt hat, funktioniert die fürs Fahrrad beschriebene Methode des Kurvenfahrens nicht, da schon das Einleiten der initialen Linkskurve nicht möglich ist. Tatsächlich werden Kurven mit dem Einrad mit einer völlig anderen Technik gefahren.

Wenn man das Einrad nach vorne oder hinten neigt wird es instabil, da sich durch Rotation um die Körperachse des Fahrers der Schwerpunkt absenken läßt. Die Gravitation sorgt also dafür, daß sich das Einrad seitlich neigt sobald es nicht exakt mittig ausbalanciert ist. Man kann an der folgenden Abbildung erkennen, wie ausgehend vom aufrechten Einrad (links) eine Neigung um die Radachse (Mitte) und eine anschließende Rotation um die Längsachse (rechts) den Schwerpunkt nach unten verlagert. Die eingezogene blaue Ebene zeigt die Höhe der Radachse des rechten Einrads an, die sich deutlich unterhalb der Achse der beiden anderen Einräder befindet.

Eine Neigung des Einrads nach hinten oder nach vorne kann man durch Bremsen bzw. Beschleunigen erreichen. Jetzt besteht noch die Herausforderung, ausgehend von einer Geradeausfahrt, die Balance zu brechen und das Einrad seitlich zu neigen. Dies kann man durch eine Rotationsbewegung senkrecht zur Fahrtrichtung erreichen. Aufgrund der Drehimpulserhaltung und mit Hilfe der Reibhaftung zwischen Reifen und Untergrund neigt sich das gesamte Einrad mit Fahrer nach rechts, wenn der Fahrer beispielsweise mit seinen Armen eine Rotationsbewegung gegen den Uhrzeigersinn ausführt. Man kann das insbesondere bei Anfängern beobachten, die beim Versuch eine Kurve zu fahren wild mit den Armen gestikulieren. Bei geübteren Fahrern sind die Bewegungen so klein und unscheinbar, daß sie praktisch nicht auffallen. Es braucht dann auch keine Rotation mit den Armen, sondern es reicht ein minimaler Hüftknick um die beschriebene Rotation herbeizuführen.

Als Einradfahrer spürt man die einzelnen Schritte dieser Kurventechnik auch wenn man sie ausführt, wobei Kurven sowohl durch Beschleunigen als auch durch Bremsen eingeleitet werden können.